Historisches Denkmal Vom gefährlichen Handelsweg zur aussichtsreichen Erlebnisstraße

Schon vor 3.500 Jahren wagten Menschen den Weg über das 2.504 m hohe Hochtor. Kelten und Römer nützten die kürzeste Nord-Süd-Verbindung, um Handel zu treiben. Denn der Weg über die Tauern war die kürzeste Handelsroute zwischen Deutschland im Norden und dem Welthandelszentrum Venedig im Süden. Der Handel setzte sich durch die Jahrhunderte fort: Aus dem Süden kamen begehrte Waren wie Gewürze, Stoffe und Edelsteine, der Norden lieferte Metall und Pelze. Dabei war der Weg über den Alpenpass überaus gefährlich: Der lange Marsch und unvorhersehbare Wetterumschwünge samt Schneefall und Kälteeinbruch zehrten an den Wanderern und kosteten so manches Leben. Kein Wunder also, dass die Menschen am Hochtor ihre Götter anriefen, um sie gnädig zu stimmen.  

Gute Gründe für das
„Projekt Hochalpenstraße“

Die Idee zum „Projekt Großglocknerstraße“ hatte mehrere Gründe: Gerade war das Habsburgerreich zersplittert und die noch junge Republik Österreich war auf der Suche nach identitätsstiftenden Projekten für das Land, dem niemand so recht Erfolg zutraute. Außerdem war die Arbeitslosigkeit hoch. Eine so große Baustelle wie die Hochalpenstraße würde tausende Arbeitsplätze schaffen. Ein dritter Grund war der aufkeimende Fremdenverkehr: Die spektakuläre Panoramastraße sollte durch Mautgebühren und Urlaubsaufenthalte Geld in die Kassen bringen. Das eigene Auto galt als luxuriöses Vergnügen, das Wohlhabenden vorbehalten war. Mit diesen hoffte man, gute Geschäfte zu machen. 

Von der Vision zum Bau

der Großglockner Hochalpenstraße 

Der Durchsetzungskraft des damaligen Salzburger Landeshauptmannes Franz Rehrl und der genialen Planung des jungen Bauingenieurs Franz Wallack ist es zu verdanken, dass das Projekt Großglockner Hochalpenstraße tatsächlich umgesetzt wurde. Eine neue Nord-Süd-Verbindung, Arbeit für bis zu 4.000 Mann und die Erwartung lukrativer Geschäfte sorgten dafür, dass am 30. August 1930 die erste Sprengung den Bau der Alpenstraße einläutete. Nachdem zahlreiche Schwierigkeiten überwunden waren, wurde die Großglockner Hochalpenstraße nur fünf Jahre später, am 3. August 1935, von Bundespräsident Wilhelm Miklas feierlich eröffnet. Schon am nächsten Tag wurde das erste Autorennen auf der damals noch mit Sand belegten Straße veranstaltet. Mit dabei: Landeshauptmann Rehrl und Ingenieur Wallack! Allen Arbeitern, die beim Bau der Straße verunglückten, ist die Gedenkstätte am Fuscher Törl gewidmet.  

Spannende Geschichte!
Dr. Franz Rehrl  | © grossglockner.at

Hofrat Dr. Franz Rehrl – Salzburger Landeshauptmann (1922-1938) 

Der Salzburger Landeshauptmann Franz Rehrl (1890-1947) gilt als treibende politische Kraft für den Bau der Großglockner Hochalpenstraße. Außerdem war er ein glühender Auto-Fan. Er hatte es sich in den Kopf gesetzt, als erster Mensch in einem PKW die Hohen Tauern zu überqueren. Und so passierte er am 22. September 1934 am Steuer eines umgebauten Steyr 100 in Begleitung von Straßenbau-Ingenieur Franz Wallack auf dem Rohbau der Großglockner Hochalpenstraße das Hochtor. Die halsbrecherische Fahrt von Fusch über das Hochtor nach Heiligenblut und wieder zurück dauerte knapp sieben Stunden! 

Ing. Franz Wallack | © grossglockner.at

Franz Wallack – Ingenieur & Visionär (1887–1966) 

Franz Wallack hatte die Vision von einer Panoramastraße, die im Einklang mit der Hochgebirgslandschaft steht. Und so erkundete der Straßenplaner, der auf vielen Fotos und Gemälden mit hellen Kniebundhosen und Sakko mit oranger Strickkrawatte abgebildet ist, in nur fünf Sommer-Wochen des Jahres 1925 30 Alpenstraßenpässe und 13 Alpenhauptübergänge im Zuge einer Studienreise. Denn er wollte die Straßen selbst kennenlernen, mit eigenen Augen sehen, wie sie konstruiert und in die Landschaft eingebettet waren, und erfahren, von welchen Bauwerken sie flankiert waren. Mit dem Ziel, dass die Großglockner Hochalpenstraße unter allen europäischen Alpenstraßen als „leuchtendster Stern“ erstrahlen würde. Wir würden sagen: Mission erfüllt!

Entwicklung der Gebirgsstraße zum Besuchermagneten

Nicht der Warenverkehr, sondern der Tourismus war es, der der neuen Nord-Süd-Verbindung rasch zum Erfolg verholfen hat! Eine der großartigsten hochalpinen Landschaften Europas war plötzlich für jedermann erreichbar. Während der Wirtschaftswunderjahre stieg die Motorisierung, das eigene Auto wurde immer selbstverständlicher. Die 48 Straßenkilometer und 36 Kehren wurden verbreitert und ausgebaut, Parkplätze, Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe, moderne Ausstellungen und Erlebniswege garantieren heute etwa einer Million Besucherinnen und Besuchern pro Jahr ein einmaliges Erlebnis im Herzen der Alpen. Heute zählt die einzigartige Gebirgsstraße mit dem Schloss Schönbrunn und der Festung Hohensalzburg zu den Top-3-Sehenswürdigkeiten Österreichs!

Archäologie erleben

Ausstellung „Passheiligtum Hochtor“

Allen Gefahren zum Trotz wurde der Handel über die gefährliche Nord-Süd-Route lange Zeit weitergeführt. Heute entführt die Ausstellung „Passheiligtum Hochtor“ direkt neben dem Südportal des Hochtors auf eine Zeitreise durch die Jahrtausende. Die Ausstellung erzählt von Opfergaben für eine gute Reise, von Göttern und Halbgöttern, von der Suche nach Bergkristall, von Goldbergwerken, aber auch vom Menschenhandel über den Pass. Übrigens: Wie bei allen Ausstellungen entlang der Großglockner Hochalpenstraße ist auch der Besuch der Ausstellung „Passheiligtum Hochtor“ kostenlos! 

Ausstellungen
Hochtor auf der Großglockner Hochalpenstraße | © grossglockner.at/Kolarik

Lebendige Zeitgeschichte

Ausstellung „Bau der Straße“ an der Fuscher Lacke

Im Straßenwärterhäuschen an der Fuscher Lacke, das aus der Zeit des Straßenbaus noch im Original erhalten ist, befindet sich die Dauerausstellung „Bau der Straße“. Hier geht es um die harten Lebensumstände der mehr als 4.000 Straßenarbeiter, aber auch soziale Errungenschaften wie die erste Schlechtwetterregelung Österreichs. Denn ohne die sogenannten „Glocknerbaraber“ wäre die Idee von Wallack und Rehrl eine Vision geblieben. Absolut sehenswert: Der mit dem Goldenen Delphin in Cannes ausgezeichnete Ausstellungsfilm „Großglockner Hochalpenstraße – Die Kraft einer Vision“! 

Ausstellungen
Ausstellung "Bau der Straße" im Straßenwärterhaus, Fuscher Lacke | © grossglockner.at/Fuscher Lacke